Texte von erstaunlicher Tiefe
Ein HNA-Artikel zum PoetrySlam vom 9.3.2018 findet sich in der Presseschau.
"Was in diesen jungen Menschen steckt, das hätte ich nie und nimmer erwartet", diese Aussage hörte man an diesem Dienstagabend immer wieder. Und es stimmte einfach. Mehr als 500 Zuhörer*innen waren in die Stadthalle gekommen, um das PoetrySlam-Finale live zu erleben...
13 Zehntklässler*innen lesen, lachen, reimen, kurz: slammen ihre ganz persönlichen Texte. Die sind in einem langen Schreibprozess entstanden, jedes Wort mit Bedacht gewählt. Das ganze immer wieder gesprochen und geändert. "Das wird eine schwere Entscheidung", weiß Moderator Felix Römer schon nach ganzen zwei Texten und er soll recht behalten. Alle Texte zünden. Wie alt sind die Autor*innen, fragt man sich. 15-16 Jahre. Besser können sie nicht beweisen, wie viel Persönlichkeit, Tiefgang und Wahrnehmungsfähigkeit in ihnen steckt.
Mal lustig, mal todtraurig
Römer, selbst ehemaliger Deutscher Meister im Poetry Slam, führt luftig-leicht und frech durchs Programm, seine Pointen zünden, ohne auf Kosten der anderen zu gehen. "Ich bin stolz auf euch", sagt er, "dabei sind das doch gar nicht meine, sondern eure Texte." Mal zart-poetisch, mal pathetisch, mal lustig, dann plötzlich todtraurig, eine große Abwechslung bringen die Slamfinalist*innen zu Gehör.
Zum Beispiel schreibt Marie Elsner: Zwing mich nicht zum Lächeln, wenn ich einfach nur schweigen will. Wenn ich einfach nur neben dir sitze und schweige, dann schweig mit mir, gib mir nicht das Gefühl, das du mich ändern willst, nur weil ich nicht so bin, wie du. Eine Einladung zur Empathie in entwaffnend einfachen Worten.
Perfekte Organisation
In der Pause staunt man gemeinsam über das Gehörte und wie souverän es vorgetragen wurde. Auch die Lehrer*innen sind beeindruckt, wie sehr offensichtlich noch an der Intensität der Texte gefeilt wurde. Dazu passt das reiblungslose Setting der Stadthalle, ein großes Team hat der Förderverein gestellt, damit ohne lange Wartezeit Getränke und Snacks über den Verkaufstresen wechseln können. Gegenüber hängen zahlreiche Plakatentwürfe, die Neuntklässler*innen mit ihrer Lehrerin Andrea Griesel entworfen haben, dazwischen auch das Original, das in der Stadt plakatiert wurde.
Feuer und Gold in unseren Augen
Mathilde schreibt: Baby, wir sind mit Feuer und Gold in unseren Augen geboren. Auch wenn wir uns Sonnenuntergänge eigentlich nur durch unsere Handykamera angucken und auch wenn uns studierte Pädagogen im Sportunterricht immer noch Mannschaften wählen lassen [...] und auch wenn wir Menschen beeindrucken wollen, die wir gar nicht mögen. Auch wenn wir uns also immer noch etwas darauf einbilden, was Leute über uns denken. Auch wenn uns das wichtig ist. Auch wenn wir immer noch labern und labern. Ohne Sinn. Vielleicht sogar mit Sinn, aber auch weil wir die ganze Zeit alles verändern wollen und dann doch nur labern. Aber immerhin, Baby, sind wir doch mit Feuer und Gold in unseren Augen geboren.
Man möchte noch mehr hören, denkt, schade, dass nur zwei ins Finale kommen, Max Hohmann und Lea Brünig, die den Slam gewinnt mit einem zweiten anrührenden wie urkomischen Text über Dorfkinder. Max hatte mit seiner verpeilt-linksradikalen Sarah legendär vorgelegt und dann zuletzt mit einem hammerharten Chauvinisten-Text, der etwas ungeschliffen daherkam, irritiert. Auch das ist Slam. Nicht nur süffig. Da stehen eben Autor*innen, die etwas zu sagen haben. Ob's euch passt oder nicht.
Dank an die Unterstützer des Projekts
Dank nahm zu Beginn und Ende der Veranstaltung viel Raum ein. Dank an die vielen Sponsoren: dem Förderverein des Corvi und seinen zahlreichen Mitgliedern, dem Landschaftsverband Südniedersachsen e.V., dem Landkreis Northeim, der Stadt Northeim, dem Bund der Ehemaligen des Corvinianum und der KSN. Dank der Corvi-Jazzband für das schmissige Rahmenprogramm, dank an den Förderverein der Stadthalle, zuvorderst Initiatorin Erika Riedel, die in vier-fünf Jahren den dann etablierten Slam in Northeim selbst slammend anmoderieren möchte. Ihre Vision eines kreisweiten Slams im nächsten Jahr steht als Wegmarke. Dank an Felix Römer für die bezaubernde Moderation. Dank an Leticia Wahl für ihren Beitrag nach der Pause und das Aufwärmen der Slammer*innen. Dank an die Lehrer*innen der zehnten Klassen, die ein Unterrichtsprojekt zum Poetry-Slam entwickelt und durchgeführt haben, und an die Kunstlehrerin Andrea Griesel für die glänzende Plakatarbeit, durchgestylt bis hin zu den Eintrittskarten. Dank an den Corvi-Schulleiter Christoph Dönges, der den Organisatoren am Corvi, Katja Rott und Marco Wolff, durchgehend starke Unterstützung zukommen ließ.
Text, Bilder: Marco Wolff