Abschied von der Logik
19. Februar 2022. Dynamisch und engagiert präsentierte der 13. Jahrgang im Darstellenden Spiel vor einem kleinen Publikum von etwa 60 Zuschauenden eine anregende Adaption von William Goldings "Herr der Fliegen". Parallelen zur Zivilgesellschaft der Gegenwart waren unübersehbar. Besonders spannend: Die Frage, warum es zu dieser besonderen Gruppendynamik kommt, die dazu führt, dass die Gewaltbereiten immer mehr Zulauf bekommen und gleichzeitig immer unzugänglicher für Argumente werden.
Dem Kurs von Deni Velinovski gelang am 22. Februar 2022 eine reibungslose Aufführung von Goldings "Herr der Fliegen". In den 70 Minuten fanden zahlreiche Szenen- und Besetzungswechsel statt, dennoch war der rote Faden des Stücks durchgehend erkennbar. Besonders hervorzuheben sind die Lichteffekte, an der Technik saß Frederik Otte.
Die Inszenierung hielt sich an die psychologisch ausgeklügelte Vorlage und gab einige Antworten auf drängende Fragen unserer Zeit.
Zwei Gruppen Jugendlicher bekriegen sich im Buch ohne Erwachsene auf einer einsamen Insel. Deutlich spielte der Kurs dabei in seiner Adaption des Stoffes auf der einen Seite die Extase und Spaßorientierung der "Jäger" (besonders intensiv spielten hier unter den vielen guten Darbietungen Henri Gorzel sowie Hedi Mohammed und Jonas Heiligenstadt) heraus. Auf der anderen Seite standen die Vernunft und Verantwortung der demokratisch orientierten restlichen Jugendlichen (hier stachen Linda Duske, Gaida Testa und Amelie Aue innerhalb der guten Ensembleleistung besonders heraus).
Versuche, die Gesamtgruppe unter den Grundsätzen der Toleranz und Fairness zu leiten, scheitern. Die Kommunikation gelingt einfach nicht. Und das, obwohl die Kinder allesamt aus wirksam erziehenden Elternhäusern stammen.
Das gewaltätige Gebaren der "Jäger"-Teilgruppe führt zunehmend zu Ängsten bei Jüngeren und Schwächeren. Die Radikalisierung der Gruppe bis hin zu sadistischer Folter wird durch Schreie aus dem Off markiert. Aus den symbolischen Gesten (Drohgebärden mit Holzstäben, Marschieren und überlautes Sprechen), der Jagd und dem Wunsch nach Spaß kommt es zu einer Verrohung, in deren Zuge zwei Kinder getötet werden, bevor ein Marineoffizier die Ordnung wiederherstellt. Es ist eine Ordnung der Erwachsenen, die selbst Krieg führen.
Das Symbol des "Herrn der Fliegen" steht für die kulturferne Gewaltbereitschaft des Menschen. An diesem Abend wird spürbar: Hier lauern Gefahren, die scheinbar harmlos und langsam beginnen. Auch heute noch.
Dem Kurs und Leiter Deni Velinovski sind zu danken für einen ausgesprochen anregenden Theaterabend.
Die nächste Aufführung "Der Sandmann" mit DS-Schüler:innen des 13. Jahrgangs findet kommenden Dienstag, 1. März statt. Leider kann auch dann nur vor einem kleinen ausgewählten Publikum gespielt werden.
Text, Fotos: Wolff