Selten so gelacht
19. Juni 2024
mag man denken angesichts der ausgesprochen kurzweiligen neusten Produktion der Zündhölzer. Und: Diese Theater-AG-Darsteller:innen spielen allesamt mit richtig viel Herzblut!
Maskenbildnerin Nele Karnebogen, in den letzten Jahren zu einer Instanz geworden, wenn es ums Schminken der Zündhölzer geht, hatte ganze Arbeit geleistet: Bereits das Eröffnungsbild überraschte durch seine starke Dramaturgie. Drei schlafende Junggesellen auf einer Bahnhofsbank - Sie erwachen nach einer Zeit im Suff, einer, der Gehörnte in der Mitte, wähnt sich verheiratet, ohne es gemerkt zu haben. Die drei werden das episodenhafte Stück für den Rest des Abends bevölkern, auf der Suche nach der Braut. Gekonnt kriegen sie sich immer wieder in die Wolle und üben sich mit viel Situationskomik in Schadensbegrenzung.
Weitere Gestalten kommen dazu, die Handlungsstränge verschränken sich. Schnell wird das Wiederauftauchen zu einer Freude: Ach die alten Bekannten, da sind sie ja wieder. Und immer wird mit großer Spielfreude erprobt, woran mutmaßlich die Erwachsenen im Leben scheitern. Da sind zum Beispiel - stellvertretend für viele - Frau und Herr Graute, ein putziges Ehepaar, das sich noch mit Mühen erträgt (Lilith Seidel und Hannes Fuchs) oder der launige "Bankinhaber" Masume, der den Bahnhof als Lebensraum für sich entdeckt hat (Masume Nabizadeh), die Sauberfrau Gathe, die quasi vom unteren Rand der Gesellschaft her auf die Reisenden blickt (Lilith Seidel). Die Bahnhofsangestellte Irina imitiert am Telefon gerne Ansagen ("Wenn Sie ... wollen, drücken sie bitte die Eins...") und treibt damit manchen in den Wahnsinn (Marie Ehrlich). Die Frau für gewisse Stunden trifft ihre Freundin wieder (Mira Kuschke).
Mit viel Geschick für Timing geben sich die Handlungsstränge die Hand, die verflochtenen Episoden bieten den Darsteller:innen jede Menge Möglichkeiten, sich zu versuchen im Fast-schon-erwachsensein (Mathilda Hof, Britta Lürig als pubertierende Kids), im Verzweifeltsein (Theresa Schilling als männerlose Braut), Empörtsein (Marit Althans als genervte Geschäftsfrau), Herablassendsein (Julia Huang als Snob), Verständnisvollsein (Annika Babuschkin als Pflegerin). Die Darsteller:innen müssen dabei - weil doppelt und dreifach besetzt - permanent die Kostüme wechseln. Auch das gelingt reibungslos. Ein großer Dank geht an Frederik Otte und Lasse Armbrecht für das Licht- und Tonmanagement. Das Ensemble dankte außerdem ihrem Spielleiter Henning Bruns.
Fazit: Ein sehr unterhaltsamer Abend, der durch große Spielfreude berührt und durch seine sehr hohe Gagdichte besticht.
Text, Fotos: Wolff