Dritter Poetryslam in Northeimer Stadthalle
Wo waren denn die Witze unter der Gürtellinie und wo die Fäkalsprache? Nein, es geht auch ohne. Die 15/16-jährigen Poet*innen des dritten Poetryslams in der Northeimer Stadthalle hatten solch einfache Kunstgriffe absolut nicht nötig. Sie hatten nämlich wirklich etwas zu sagen und das Publikum hing an ihren Lippen. Es durfte staunen über eine überraschend große Vielfalt an Themen aus der Lebenswelt der Jugendlichen und eine kunstvolle Sprache voller Bilder und Reime, staunen über diese jungen Menschen mit einer großen inneren Stimme, die mit Witz und Größe etwas mitzuteilen hatten.
Presseberichte von Northeim-Jetzt, Hallo und HNA finden sich in der Presseschau.
Sylvia Ernst aus dem Organisationsteam und selbst im Förderverein der Northeimer Stadthalle im Vorstand, zeigte sich in der Begrüßung dankbar und machte deutlich, wie das Engagement von begleitenden Lehrer*innen, einem motivierten Orga-Team aus 12tklässler*innen, Lehrkräften und Stadthallenfördervereinsvorsteherinnen, zuverlässigen Sponsoren, kreativen und professionellen Poetry-Slammer*innen, einer aufgeschlossenen Schulleitung, neugierigen Eltern, einer mitreißend aufspielenden Jazzband und vielen weiteren Helfer*innen jungen Menschen eine wirklich große Bühne geben kann.
Nils Früchtenicht und Joachim Linn moderierten vor dem großen Poetry Slam-Bühnenbild mit viel Witz und Dynamik zu zweit den Abend mit einer unterhaltend-wohltuend kreativen Gestaltung. Sie trugen damit ganz wesentlich zum Gelingen des Abends bei.
Die bekannte Science-Slammerin Thora Schubert eröffnete die Leserunden mit viel Sympathie, Sachkenntnis und Spaß. Es ging in ihren Beiträgen um den Unsinn von Carbon Capture and Storage, den sie mit Kochmütze ad absurdum führte und damit Klimawandelleugnern eine wohltuende Abfuhr erteilte sowie um die Bedeutung von Geowissenschaftler*innen, die sie mit verbogenen Marmorfassaden, einem überschwappenden Staudamm in Italien und Venedigs Untergang auf selbstgetrocknetem Sand glänzend und unterhaltsam untermauerte.
Die erste Runde konnte Tom Heiduck für sich entscheiden. Seine pointenreiche und zugleich sprachlich kunstvoll ausgeführte Darstellung eines typischen Familienstreits thematisierte auf sehr komische Weise Geschlechterstereotypen und erhielt langanhalten Jubel aus dem Publikum. Doch auch die anderen Texte überzeugten: Eva Werners zart gereimte Geschichte um eine erste Liebe bildete einen gelungenen Einstieg, Ali Riza Güneys grandioses Epos um den holprigen Lebensweg, Alina Jakobs amüsant-ehrliche Betrachtung ihrer deutsch-russischen Wurzeln, Teresa Wolffs mitreißende Ballade von der materiellen Befreiung. Man ging in die Pause mit tiefen und schillernden Texten im Ohr, Schüler*innen empfingen die Zuhörer mit Getränken und Snacks, die Jazzband mit groovigen Klängen im Foyer.
Der zweite Block konnte von Tim Binnewies gewonnen werden. Sein Text überzeugte mit originellen Details rund um Kreisligafußball und einer souveränen Performance. Auch hier fanden sich weitere hochwertige Texte: Judith Lambertus' Text über das schrittweise Erlangen von Unabhängigkeit, Laura Weitemeiers bunter Länderblumenstrauß, Joshua Bohnenkamps geschliffenes Moritat von der Entwicklung der Menschheit. Franca Rokohls Hymne auf eine ebenso wertvolle wie gefährdete Freundschaft, beeindruckend in einer Seefahrtsmetapher aufgehoben.
Viele Poet*innen durften am Ende persönlich Lob und Gratulation zahlreicher Zuhörer*innen entgegennehmen, ein Zeichen für die ausgesprochen hochwertige und abwechslungsreiche Liste an Beiträgen. Passend zur Veranstaltung gab es für alle Teilnehmenden zur Belohnung fair und nachhaltig erzeugte T-Shirts mit dem bekannten wie bunten Northeimer Poetry Slam"-Logo, die der Bund der Ehemaligen gestiftet hatte. Texthefte können in den Buchhandlungen Grimpe und Papierus erworben werden.
Text: Wolff; Fotos: Steigerthal, Wolff