Mit der Katzenkönigin aus der Krise
12. September 2024
"Ich konnte gar nicht weggucken, es war so spannend!", findet Luca Ethgen aus der Klasse 6c. "Als der Rattendämon auftrat, wurde es richtig spannend. Er war mit einem Säbel bewaffnet und wirkte sehr gefährlich", ergänzt Nico Schild, ebenfalls 6c.
Das Bühnenbild aus Papierparamenten wurde von Kyra dynamisch so umgebaut, dass immer neue Landschaften und Räume entstanden. Dazu kamen die ausdrucksstarke Puppen, die Kyra mit ruhigen, klaren Bewegungen führte und mit dem hektisch, kreischenden Rattendämon kontrastierte.
Eine Geschichte über unser eigenes Leben
Die Schüler:innen der Klasse 6c dachten darüber nach, was die Geschichte von Kenji mit ihrem eigenen Leben zu tun hat. Kenji verlässt seine Reisbauernbrüder, eckt im Kloster mit seiner Malbegeisterung an und muss schließlich in einem Tempel einem gefährlichen "Rattendämon" gegenübertreten.
Wenn Kenji für uns selbst steht, dann steht seine Malbegeisterung für seine Bereitschaft, das, was er kann, auch auszuleben. Er hätte auch brav Wasser schleppen können, wie es seine Brüder wollen, oder 287 mal dasselbe Schriftzeichen schreiben, wie der Mönch im ersten Kloster es von ihm verlangt. Das tut er aber nicht und eckt dadurch ordentlich an.
Vom Mönchmeister erfährt er, dass er große Räume meiden und kleine Räume suchen sollte. In der Begegnung mit dem Rattendämon hilft ihm diese Haltung dann auf entscheidene Weise.
Die eigene Katzenkönigin malen
Unser Rattendämon, das sind womöglich die Lebenskrisen, in die wir geraten, und die es zu bewältigen gilt. Das gelingt aber nicht durch Kraft und Selbstüberschätzung (große Räume), sondern durch Bescheidenheit (kleine Räume) und, indem wir unsere Fähigkeiten einsetzen (die große Katzenkönigin malen). Dann können wir die Lebenskrise bewältigen.
Auch ein Stück über den Krieg, Verfolgung und Migration
"So eine Krise, das kann die Flucht aus der Heimat sein", stellt Emma fest. Flucht und Vertreibung und die damit verbundene Migration ist eine Lebenskrise, die uns allen ganz bewusst ist. Auch hier gilt: Der kriegerische Konflikt, die lebensgefährliche Verfolgung in der Heimat können die betroffenen Menschen nicht selbst lösen, wenn sie in einem Staat leben, in dem die Rechtstaatlichkeit von diktatorischen Regimes unterdrückt wird. Journalist:innen mit kritischem Presseanspruch sind davon ebenso betroffen wie Frauen, die selbstbestimmt leben wollen. Menschen, die die Diktaturen in ihrer Heimat kritisieren ebenso, wie Menschen, die für ihre Diktatoren nicht in einen sinnlosen und mörderischen Krieg ziehen wollen.
So wie der Rattendämon im Stück nicht auf der offenen Bühne, sondern nur im Schattenspiel von der Katzenkönigin besiegt wird, haben Migrant:innen "ihre Katzenkönigin gemalt", indem sie das, was sie in ihrer Heimat hatten, die Besitztümer und Freundschaften, aufgegeben haben, um hier in Deutschland in Freiheit und Frieden leben zu können. Alle Eltern unserer Corvinianer:innen "mit Migrationshintergrund" haben "ihre Katzenkönigin gemalt" und die Krise, der sie ausgesetzt waren, bewältigt. Damit verdienen sie genau den Respekt, den Kenji im Stück von allen Mönchen der Umgebung erhält für seinen Sieg über den gefürchteten Rattendämon.
Aus dem Bild auf eine Sache schließen: Der Rattendämon als Parabel:
Bildebene: "Das Element..." | Sachebene: "...steht für" |
Hauptfigur Kenji | ich selbst |
die zwei großen Brüder, der Mönchslehrer | Menschen in meiner Umgebung ohne Verständnis |
der Mönchsmeister | mein Selbstvertrauen |
kleine Räume | Bescheidenheit, nicht zu viel wollen |
große Räume | Selbstüberschätzung, alle Probleme selbst lösen wollen |
das Malen | meine Fähigkeiten nutzen |
der Aufbruch ins Kloster | meinen eigenen Weg gehen |
Ablehnung und Prüfung an der Klostertür | Mühen und Schwierigkeiten, die mich zu früh aufgeben lassen |
der Rattendämon | eine Krise in meinem Leben |
die Katzenkönigin | die eigenen Fähigkeiten nutzen zur Bewältigung der Krise |
Der Kampf als Schattenspiel | Krise wird nicht gelöst, sondern unter Inkaufnahme bewältigt |
Text, Bilder: Wolff (mit Ergebnissen aus dem Deutschunterricht der Klasse 6c)