Woher das Abimotto wirklich stammt

"Lieber Rabe, wieso eigentlich Zirkus? Woher kommt das Motto „Circus Abigalli“? Ach Stechmann! krähte der Rabe. Hast du das noch nicht bemerkt?" Die diesjährige umjubelte Abirede von Jan Stechmann im Wortlaut...

 

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, liebe Eltern, liebes Kollegium, liebe Freunde des Corvinianum!

„Circus Abigalli – die Stars verlassen die Manege“.

Ein ausgesprochen glitzerndes und farbenfrohes Motto, das sich unser 17er-Abiturjahrgang gegeben hat! Stars in der Manege – wer hat da nicht die eindrucksvollen Bilder und die leuchtenden Farben in einem Zirkuszelt vor Augen?

Doch wie kommen Sie, liebe Abiturienten, bei Ihrer Mottowahl auf einen Zirkus? Menschen, Tiere, Sensationen?

Nun gibt es ja eine fast gleichnamige Unterhaltungsshow im Fernsehen...

Und zuerst dachte ich: Na klar – als „Stars“ unseres Medienzeitalters erleben Sie Ihr ganzes Dasein als Show: Die Schule also mottogemäß als Zirkusmanege,

Ihren Freundeskreis dann wohl als Daily Soap, Ihr Familienleben als Sitcom,

an den Wochenenden gibt es – je nach Interessenlage – „Let’s Dance“, Sportschau extra oder „Promi Shopping Queen“. Die Kursstufe mit Klausuren und Facharbeit als „Schlag den Star“ und schließlich die Abiturprüfungen als „Wer weiß denn sowas?“. Und vielleicht haben Sie Ihren Schulalltag so manches Mal als „Ich bin ein Star –

holt mich hier raus!“ empfunden...

 

Aber nein – so oberflächlich ist Ihr Motto natürlich nicht gemeint. Mir war schnell klar, dass deutlich mehr dahintersteckt.

Für diesen Auftritt hier musste ich also herausfinden, was es mit dem Circus Abigalli wirklich auf sich hat... Aber wie sollte ich das anstellen? Wen könnte man fragen?

Sie, liebe Abiturienten? Ihre Eltern? Ihre nun ehemaligen Lehrer? Die Schulleitung?

Und würde ich bei so vielen verschiedenen Perspektiven jemals das komplette Bild erhalten?

 

Ich sollte es erfahren, liebe Abiturientinnen und Abiturienten!

Eines Abends – ich benötigte gerade eine Pause vom Korrigieren Ihrer Abitur-klausuren und hatte mich auf dem Sofa ausgestreckt – da hörte ich plötzlich eine krächzende Stimme:

Stechmann! Stechmann! Willst du die wahre Geschichte hören?

Ich blickte hoch, drehte mich um, und – ob Sie’s glauben oder nicht – ein großer Rabe saß mitten im Zimmer. Wie war er hereingekommen...?

Und er sagte: Stechmann! Ihr Lehrer sucht doch gern mit euren Schülern nach der Wahrheit. Willst du die wahre Geschichte des Circus Abigalli erfahren?

 

Ich war verblüfft. Offensichtlich hatte dieser Vogel irgendetwas mit dem Circus zu tun – und er schien gut informiert zu sein.

Die wahre Geschichte? erwiderte ich. Aber sicher...!

Nun, dann höre mir gut zu! Ich will es dir erklären...

Der Rabe flog auf, ließ sich auf dem Stapel Ihrer Abiturklausuren nieder und holte tief Luft. Dann begann er:

 

Vor langer, langer Zeit war es, als unsere Abigalli-Stars zum ersten Mal im Zirkus erschienen.

Der neue Zirkusdirektor persönlich, der große Donghini – ein immer fröhlicher Mensch – begrüßte mit aufmunternden Worten die neuen Stars in der Manege. Donghini war bekannt dafür, dass er sich mit allen Fragen rund um den Zirkus bestens auskannte: Von der erlaubten Höhe des Zirkuszeltes über die optimale Zahl an Elefanten bis zum besten Sand für die Arena.

An Donghinis Seite stand – mit ebenso langer Erfahrung in der Manege – die tatkräftige Programmdirektorin Maria Stralissima.

Sie hatte einen Ruf als ausgezeichnete Dompteurin – beim Knall ihrer Peitsche sollen auch die grimmigsten Raubtiere zahm geworden sein. Aber in Wirklichkeit ist sie eine höchst liebevolle Person und hat alle Stars tief in ihr Herz geschlossen.

 

Die Stars wurden also aufgenommen und zur besseren Übersicht in sogenannte Klassen eingeteilt. Sie waren in den verschiedensten Räumen untergebracht – ganz unten im Keller und direkt unter dem Dach.

Und viele unserer Jungstars nahmen „Circus“ (das ist lat. Rennbahn) erst einmal wörtlich – und tobten wild durch die Arena...

 

Woher kommen denn nun eigentlich die Stars? fragte ich.

Aus den Agenturen, sagte der Rabe. Das sind kleine Familienbetriebe, die neue Talente hervorbringen. Sie schicken ein, zwei oder drei Sternchen in unseren Zirkus, und zunächst ist überhaupt nicht klar, ob diese Erfolg haben werden.

 

Und damit verdienen die Agenturen ihr Geld? fragte ich.

Nein, erwiderte der Rabe. In der Regel zahlen sie bei der Ausbildung ihrer Stars kräftig drauf. Aber dennoch versorgen sie ihre Schützlinge mit allem, was diese zum Leben brauchen, dazu mit moralischer Unterstützung und sogar mit Nestwärme.

Und sie ertragen geduldig die typischen Star-Allüren und die Exzesse, die bei jugendlichen Talenten immer mal wieder vorkommen.

Merkwürdig, sagte ich. Diese Agenturen müssen ihre Stars wirklich lieben...

So ist es, sagte der Rabe. Und fügte hinzu:

 

Liebe Agenturen, eurem Einsatz und eurer Zuwendung verdankt der Zirkus

das Wichtigste: unsere erfolgreichen Artisten in der Manege.

Euer umsichtiges Management – auch durch Krisen hindurch – wird nun belohnt: Eure Stars werden der Zirkuswelt noch viel Freude bereiten!

Der Rabe legte den Kopf schief und blickte in die Ferne, so als ob er tatsächlich in die Zukunft schauen konnte.

 

Erzähl weiter! bat ich. Und der Rabe berichtete:

Nun hatten sich unsere Stars in der Manege gerade eingelebt – da musste das Zirkuszelt erneuert werden: Es war über die Jahre löchrig und undicht geworden.

Die nötigen Arbeiten hatten Folgen: Fast ein ganzes Jahr lang waren die Zirkusleute als Wanderzirkus unterwegs, und unsere Abigalli-Stars waren darunter die Jüngsten.

Sie mussten immer wieder einen gefährlichen Abgrund überqueren, an dem schwerste Verletzungen drohten – oder zumindest reichliche Verspätungen.

Alle Zirkusleute waren glücklich und erleichtert, als endlich das neue Zelt bezogen werden konnte.

 

Und nun, wo unsere Artisten wieder ein Zuhause haben, muss ich auch vom wichtigsten Ort im Zirkus berichten.

Wichtigster Ort im Zirkus? Du meinst wohl die Manege... sagte ich.

Neinnein! – Dann vielleicht Donghinis Büro?

Auch nicht! – Nun sag’ schon! – Es ist das Kassenhäuschen! sprach der Rabe.

Das Kassenhäuschen? Ich war ratlos.

 

Schau! Hier gibt es ja nicht nur die Eintrittskarten für den Zirkus. Im Kassenhäuschen werden die Programme gedruckt, es ist die Poststelle, Erste-Hilfe-Station, Kommunikationszentrum. Von hier aus werden Ton und Licht gesteuert, hier gibt es Trost und Hilfe für die kleinen und für die großen Stars im Zirkus.

Hier laufen alle Fäden zusammen – das Kassenhäuschen ist die eigentliche Schaltzentrale...

Ich war beeindruckt.

Aber wie können denn die Kassiererinnen diese vielen, völlig unterschiedlichen Aufgaben erfüllen? fragte ich.

Es ist ein Wunder, antwortete der Rabe. Man sagt, dass es gute Feen sind, die den ganzen Tag die vielen, vielen Wünsche der Zirkusleute erfüllen. Ohne ihre zauber-haften Fähigkeiten könnte der große Donghini seinen Zirkus sofort zumachen, sofort!

Der Rabe hüpfte auf meinem Schreibtisch hin und her.

 

Und dabei berichtete er weiter:

Die Jahre vergingen, und unsere Stars entwickelten immer neue Künste. Neue Freundschaften entstanden. Manche verließen den Zirkus, um anderswo ihr Glück zu suchen, andere kamen neu hinzu und verstärkten die Mannschaft. Einige gingen in fremde Länder und kehrten dann mit einer zweiten Heimat in ihre erste zurück. Überhaupt lernten sich die Stars untereinander – und auch selbst – immer besser kennen. Und manche Freundschaften hielten über die ganze lange Zeit bis zum heutigen Tag...

Der Rabe schwang sich wieder auf den Klausurenstapel.

 

Doch dann geschah ein grundlegender Wandel:

Die bisherigen Klassen wurden aufgelöst – und es entstanden besondere Trainingskurse, passend zu den persönlichen Fähigkeiten und Neigungen unserer Stars, die nun zwei Jahre Intensiv-Training vor sich hatten.

Unterstützt wurde dieser Wandel vom Herrn über Raum und Zeit,

dem großen Magier Don Volker Quichotte.

Dieser konnte Räume schaffen und wieder leeren, er ließ Stunden verschwinden und an anderen Orten wieder auftauchen...

Er machte unseren Stars die Manege frei für das Intensiv-Training – und für das oberste Ziel, die große Vorstellung.

Große Vorstellung? Was ist denn das? fragte ich.

Ganz einfach, sagte der Rabe. Am Ende der Ausbildung im Zirkus steht eine große Vorstellung, welche die Stars nicht wiederholen müssen, wenn es gut läuft.

 

Nur eine Vorstellung? fragte ich. Was für ein seltsamer Zirkus!

Oh, antwortete der Rabe, es gibt viele solcher Zirkusse im Land – und das Programm der großen Vorstellung wird für alle Zirkusnummern zentral vorgegeben!

Unsere Stars mussten sich nun für die einzelnen Nummern entscheiden, welche sie bei der großen Vorstellung aufführen wollten.

 

Und die staatliche Zirkusaufsicht hatte sich für den Abigalli-Jahrgang etwas Besonderes einfallen lassen: Man hatte nicht nur die Ausbildungszeit der Artisten um ein Jahr verkürzt – durch die vorgegebene Terminplanung waren auch die beiden Jahre für das Intensiv-Training plötzlich viel kürzer!

 

Jetzt habe ich dich! unterbrach ich ihn. Das ist nun wirklich absurd – das hast du dir doch ausgedacht...!

Leider nein, sagte der Rabe. Das Intensiv-Training war in nur drei Viertel der sonst üblichen Zeit zu bewältigen. Da müssen alle, Artisten wie Ausbilder, mindestens ein Drittel mehr Leistung bringen (der große Donghini hat es bestimmt einmal nachgerechnet)...

 

Und schau – da läuft schon das Intensiv-Training, wodurch unsere Stars zu wahren Hochleistungs-Artisten werden:

Sie jonglieren nicht mit einem, nicht mit zwei, nein – mit drei Leistungskursen – während sie auf einem rollenden Fass namens Facharbeit balancieren!

Den Zuschauern wird ganz schwindlig. Und wer bei dieser Nummer genau hinsieht, der bemerkt, dass die Hausaufgabenbälle verschwinden – doch das überspielen die Stars mit einem strahlenden Lächeln...

Und während des Trainings kommt es vor, dass sich unsere Artisten ärgern – über die neuen Jungtalente, die Circus (lat. Rennbahn) wörtlich nehmen und wild durch die Arena toben.

Nanu! sagte ich. Waren sie nicht eben noch...?

Ja, sprach der Rabe. Unsere Stars sind inzwischen „groß“ geworden...

 

Aber sieh mal – da kommt schon die nächste Sensation in die Arena:

Zwei vollständige Klausurenblöcke – und sie verbinden sich zu einem einzigen Riesenblock, der die gesamte Manege ausfüllt. Das hat es noch nicht gegeben – er ist so groß, dass man nicht mehr sehen kann, wo er anfängt und wo er aufhört...!

Toll, sagte ich.

Dann musste ich überlegen:

Intensiv-Training – endlose Klausurenblöcke – stark verkürzte Trainingszeit – am Ende die große Vorstellung... ganz schön viel auf einmal...

Auf unseren Stars lastet doch ein enormer Druck – hält den jeder aus?

Ist da nicht auch psychologische Betreuung nötig?

 

In der Tat, sagte der Rabe. Dafür hat unser Zirkus eine eigene professionelle Coaching-Zone, getarnt als Kiosk.

Hier kümmern sich Frau Dr. Hühne und ihr Experten-Team einfühlsam um die kleinen und großen Probleme der Stars – und verkaufen nebenher noch leckere Brötchen!

Der Rabe wippte mit dem Schwanz und schaute sich im Zimmer um, ob irgendwo etwas Essbares zu finden wäre. Doch wie immer hatte ich vor dem Korrigieren alles weggeräumt.

 

Aber was ist eigentlich mit uns, den Ausbildern der Stars? Wo bleiben wir Lehrer in dem ganzen Zirkus? fragte ich.

Die Clowns, antwortete der Rabe.

Was? Die Clowns???

Genau, sagte der Rabe. Und gelegentlich seid ihr den Stars sogar wie Gruselclowns vorgekommen...

Sehr witzig, sagte ich. Doch der Rabe fuhr fort:

Von allen Figuren im Zirkus besitzen die Clowns die größte Weisheit.

So unterschiedlich sie sein mögen – sie verkörpern in ihrem ganzen Wesen das zutiefst Menschliche. Sie halten allen anderen, Stars wie Publikum, einen Spiegel namens Bildung vor. In diesem Spiegel sollen sich sich die Stars erkennen – und finden so ihren Platz in der Zirkuswelt. Von den Clowns lässt sich viel für das Zirkusleben lernen.

 

Liebe Clowns, ergänzte der Rabe, euer Beitrag zum Circus Abigalli kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nehmt eure Stars immer ernst und nehmt euch selbst nicht zu wichtig. Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr bei eurer Arbeit Wasser aus Spritzblumen oder ganze Sahnetorten ins Gesicht bekommt. Und wenn es euch einmal nicht gelingt, euer Publikum zum Nachdenken zu bewegen, so habt ihr es doch wenigstens zum Lachen gebracht.

Hmm, sagte ich.

 

Und dann war es endlich soweit! rief der Rabe. Die große Vorstellung konnte beginnen!

Unsere Stars wurden von Maria Stralissima in die Manege geführt... und wie immer war die erfahrene Programmdirektorin mindestens genauso aufgeregt wie die Stars selbst...

 

Hier fiel mir meine Frage vom Anfang wieder ein:

Lieber Rabe, wieso eigentlich Zirkus? Woher kommt das Motto „Circus Abigalli“?

Ach Stechmann! krähte der Rabe. Hast du das noch nicht bemerkt?

Es passt zu den vielen, vielen Talenten, die unsere Artisten noch über die vorgegebenen Nummern hinaus besitzen!

Da sind begnadete Musiker und Sänger, die bei den legendären Auftritten der Zirkuskapelle ihre Zuhörer immer wieder mitreißen – von Klassik über Jazz bis zum Beatboxen...

Da sind ausgezeichnete Tänzer und Choreographen, die auf geniale Weise Disziplin und Kreativität vereinen und so ihr Publikum begeistern...

Da sind hervorragende Sportler und Akrobaten, welche einerseits höchste Auszeichnungen erworben haben, andererseits aber auch ihre Künste an den Nachwuchs weitervermitteln...

Es gibt hochtalentierte Schauspieler, die an mehreren Abenden für unvergessliche Erlebnisse gesorgt haben...

Es gibt äußerst geschickte Diplomaten, welche die Interessen der Artisten gegenüber der Zirkusleitung vertreten haben...

Es gibt sehr fähige Pädagogen, die den jüngeren Stars bei ihrer Zirkusausbildung entscheidend weitergeholfen haben...

Und dann sind da noch viele, viele weitere Talente, welche das Zirkusleben immer wieder bereichert haben.

Eure Artisten können auch ohne die Nummern, die sie bei der großen Vorstellung aufführen, ein abendfüllendes Programm gestalten. Das ist die bunte Vielfalt des Circus Abigalli!

 

Das ist wirklich großartig, sagte ich. Mit dieser top-ausgebildeten Mannschaft

können wir nun traumhafte Tourneen starten und die ganze Welt verzaubern...

 

Nein, sagte der Rabe. Mit der großen Vorstellung hat der Circus Abigalli sein Ziel erreicht: Es ist vorbei. Die Stars werden nun nicht mehr gemeinsam auftreten.

Nie wieder? fragte ich.

Nie wieder, bestätigte der Rabe. Aber warum???

Das war die Bedingung für die Aufnahme in den Zirkus – dass sich die Stars nach der großen Vorstellung für immer verabschieden. Sie mögen nun die ganze Welt verzaubern – aber nicht mehr im Abigalli. Wenn Direktor Donghini nach der großen Vorstellung all seinen Stars die Hände geschüttelt hat, schließt sich im Circus Abigalli zum letzten Mal der Vorhang.

 

Moment, sagte ich. Wissen denn die Stars, dass die große Vorstellung ihr Abschied ist? Dass sie danach nie mehr gemeinsam auftreten?

Natürlich wissen sie es, sagte der Rabe, auch wenn sie lange Zeit nicht daran gedacht haben. Sie werden noch einmal zusammen mit dem ganzen Zirkus ihren Abschied feiern.

 

Liebe Stars, ergänzte er, dieser Abschied fällt uns nicht leicht.

In acht Jahren seid ihr bei uns zu vielseitigen Artisten geworden, jeder von euch mit einzigartigen Eigenschaften und Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Ihr habt unseren Zirkus entscheidend geprägt.

Habt Nachsicht mit euren Ausbildern, wenn sie nicht alle eure Talente angemessen würdigen konnten.

Vergesst nicht, was eure Agenturen für euch getan haben – sicherlich werden sie euch auch in Zukunft tatkräftig unterstützen.

Aber von nun an seid ihr selbst verantwortlich – nicht nur für einzelne Nummern, sondern für das gesamte Programm eures Zirkuslebens.

Stellt euch den Herausforderungen, die auf euch warten – wagt euch auf das Hochseil, auch wenn es von unten betrachtet zu schwierig aussieht.

Bewahrt euch eure Unabhängigkeit – ihr müsst nicht durch jeden Reifen springen, den man euch hinhält.

Verliert nicht den Mut, wenn eine Nummer mal nicht so klappt, wie ihr euch das vorgestellt habt.

Und, vor allem: Nehmt den ganzen Zirkus nicht zu ernst.

Wir werden eure vielfältigen Talente sehr vermissen – lebt wohl!

Und hier ist die Geschichte des Circus Abigalli zu Ende.

 

Der Rabe hob den Kopf und breitete seine Flügel aus.

Warte, sagte ich. Hier soll alles schon vorbei sein? Und wir wollten unseren Stars doch noch so viele Ratschläge geben...

Es ist vollbracht, sagte der Rabe, ihr habt eure Aufgabe erfüllt. Es gibt jetzt andere Stars in der Manege, die auch eure Unterstützung brauchen...

Mit diesen Worten verschwand er – und ich wachte im selben Moment auf.

 

Was für ein sonderbarer Traum, dachte ich, als ich wieder den Stapel der Abitur-klausuren betrachtete. Und da waren noch so viele Fragen, die ich dem klugen Vogel gar nicht mehr stellen konnte:

Was werden unsere Stars, die Abiturienten, jetzt tun? Wie denken sie über ihre Zeit in unserer Manege? Haben sie auch Ratschläge für uns? Werden sie uns in guter Erinnerung behalten?

Und wieso konnte der Rabe eigentlich sprechen???

 

Darauf habe ich leider keine Antworten mehr erhalten. Aber immerhin kannte ich nun die wahre Geschichte des Circus Abigalli...

Und so habe ich für Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, all das aufgeschrieben, was der weise Rabe gesagt hatte.

Er hat zwar hier und da ein wenig übertrieben – aber in den allermeisten Punkten kann ich mich dem klugen Vogel nur anschließen.

Vielen Dank!

 

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